Nürnberg (D) * 2000 * Institut für moderne Kunst * 8 Wochen

In den Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen wurden Menschen und Gruppen, die einander aus ideologischen, rassistischen oder ähnlichen Gründen meiden, an einen Tisch gebeten. Es gelang, 64 Streitparteien aus unterschiedlichen Bereichen zu gemeinsamen Gesprächen, begleitet von einer professionellen Mediation, zu bewegen.


Im Rahmen eines Langzeitprojekts mit dem Namen log.in wurde die WochenKlausur eingeladen, einen Beitrag zur "Vernetzung im Großraum Nürnberg" zu leisten. Die Gruppe wollte, dass sich Gruppierungen, deren Anschauungen und Denkrichtungen unterschiedlicher nicht sein können begegnen und persönlich kennen lernen. Manchmal führen mangelnde Kenntnisse des Gegenübers zu einer Aufladung der emotionalen Fronten und lassen Feindschaften so überhaupt erst entstehen.
Zunächst wurden medial verbreitete Auseinandersetzungen im Großraum Nürnberg recherchiert. Im Verlauf des Projekts sammelten sich immer neue Konfliktfelder, von denen anzunehmen war, dass ohne Aktivitäten Dritter niemals ein Gespräch zwischen den Kontrahenten zustande kommen würde.

Nach mehreren Anläufen und vielen Vorsprachen bei den ProponentInnen der Streitparteien stellte sich meist eine Bereitschaft ein, an den Treffen teilzunehmen. Die jeweils andere Gruppierung als durchaus gesprächsbereit darzustellen, wirkte sich dabei förderlich aus. Es gab aber auch Absagen. Manche Parteien verweigerten kategorisch jede Annäherung. Der Nürnberger Waffenproduzent Diehl, der unter heftigen Protesten zum Ehrenbürger der Stadt ernannt worden war, lehnte beispielsweise jedes Gespräch mit einem Kritiker ab und auch der war nicht unbedingt an einem längeren Treffen interessiert.

Strategisch gut positionierte Pavillons aus Euro-Paletten und die mediale Berichterstattung über das Projekt sollten schließlich dazu beitragen, dass sich, verteilt über einen Zeitraum von zwei Wochen, 64 Streitparteien aus den unterschiedlichsten Bereichen und aus den drei Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen trafen. Immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit aber doch von dieser wahrgenommen und stets von professioneller Mediation begleitet. Die Dauer der Begegnungen war auf zwei Stunden begrenzt.
Viele Teilnehmende trafen einander persönlich überhaupt zum ersten Mal. So diskutierte beispielsweise der Inhaber eines türkischen Reisebüros in Fürth mit dem Sprecher der CSU, dessen radikale Aussagen zur Ausländerpolitik für Wirbel gesorgt hatten. In Erlangen wiederum tauschten sich Fans von regionalen Fußballklubs aus Fürth und Nürnberg aus, die sich sonst nur von Raufereien nach dem Match kannten oder bei einem anderen Gespräch die Mitglieder einer schlagenden Studentenverbindung mit jungen Punks. In Nürnberg wiederum traf sich zum Beispiel die Vertreterin einer Bürgerinitiative mit jenem Baulöwen, gegen dessen Absichten die Bürgerinitiative gerichtet war.

Die durchweg positive Beurteilung seitens der Gesprächsteilnehmenden, nur zwei der Gespräche endeten vorzeitig, veranlasste die Nürnberger Gesellschaft für Mediation, ein Jahr danach ähnliche Gespräche zu organisieren. Wesentliche Faktoren, wie das Herauslösen der Streitparteien aus ihrer gewohnten Umgebung oder die mediale Begleitung wurden beibehalten und von da an sollten die „Tage der Feindschaft“ jährlich stattfinden. Es blieb aber bei der einen Wiederholung.
Geraldine Blazejovsky, Dagmar Buhr, Christoph Eischer, Pascale Jeannée, Wolfgang Zinggl