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Einleitend Aktive Energiepolitik Ein positives Image |
Windenergie hat Tradition in Retz. Das Wahrzeichen aus dem Jahre 1772 ist derzeit die einzige noch betriebsfähige historische Windmühle Österreichs. Eine benachbarte zweite Mühle, die kurz darauf errichtet wurde, deutet auf die Ertragsfähigkeit des Standortes hin.
Retz liegt an der Grenze zwischen Wein- und Waldviertel an einer Geländekante, die bekanntlich sehr windreich ist. Die Anordnung der Hügelketten im Westen der Stadt sorgt für eine Kanalwirkung, die die Windkraft zwischen den Hügeln bündelt und intensiviert. Auch Experten der Planungs- und Beratungsgesellschaft "Energiewerkstatt" haben bestätigt, dass die Region für Windenergie optimal geeignet ist.
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All diese Standortvoraussetzungen legen es nahe, in Retz innovative Schritte in Richtung erneuerbarer Energien zu setzen und einen grenznahen Gegenpol zur Atomenergie zu bilden. |
Nicht nur in der Geschichte wurde das Potenzial der Windkraft in Retz erkannt, auch in der Gegenwart gibt es bereits Betreiber, die sich der Vorteile sauberer Windenergie bewusst sind. So hat Herr Suttner-Gatterburg auf dem Gemeindegebiet von Retz in der Nähe von Kleinhöflein bereits 1996 die Initiative ergriffen und eine Windkraftanlage mit einer Leistung von 250 kW errichtet. Motivation für die Errichtung dieser Anlage war für ihn die grenznahe Lage seiner Heimatgemeinde zur benachbarten Atomkraftanlage Dukovany in Tschechien.
Die technologischen Entwicklungen zur Windenergie schreiten stetig voran, die Leistung der Windräder wird stets verbessert. Dies zeigt unter anderem ein jährlicher Zuwachs der Windenergie in Niederösterreich von 40%. Die Einspeisung des Stromes ist derzeit über ein Einspeisungsgesetz geregelt und erfolgt in das Stromnetz der Energie Versorgung Niederösterreich (EVN). Von dieser werden pro Kilowattstunde rund 92 Groschen bezahlt. Die Verordnung über die Einspeisungstarife wird derzeit neu überarbeitet, zukünftige Tarifentwicklungen sind daher momentan nicht bekannt.
Da sich die Windenergie gegenüber importiertem Atomstrom als relativ teuer in der Produktion erweist, ist derzeit eine Deckelung des Einspeisungsanteils in das Netz der EVN mit 3% des Gesamtaufkommens festgelegt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Landes Niederösterreich bieten demnach keine optimalen Voraussetzungen für die Nutzung der Windenergie. Trotzdem werden weiterhin Anlagen in Niederösterreich geplant. In Deutschland und Frankreich ist eine Beschränkung der Einspeisung von Windenergie in das Stromnetz nicht gegeben. Die Förderung von Windenergie hängt also hauptsächlich vom politischen Willen ab.
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Retz ist seit 1999 Klimabündnisgemeinde. Die Gemeinde vergibt Förderungen für Solaranlagen oder die Errichtung von Erdwärmepumpen an private Haushalte in der Höhe von 4.000,- ATS pro Anlage. |
Ein Nahwärmeheizwerk in Unternalb versorgt die Katastralgemeinde und das nahegelegene Caritasheim. Durch Verträge mit Energiesparunternehmen hat die Gemeinde einen Schritt gesetzt, Sparmaßnahmen einzuführen, die keine finanzielle Belastung für die Gemeinde hervorrufen. Ein Gesamtenergiekonzept für die Gemeinde liegt allerdings nicht vor. Im Stadterneuerungskonzept wird lediglich auf die "Ökologisierung" der Landwirtschaft und die ideelle und finanzielle Förderung alternativer Energiequellen verwiesen.
Im Zuge der Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes und der Erstellung eines örtlichen Entwicklungskonzeptes (vorgesehen für Herbst 2001) sollte auf die Nutzung der Windenergie Bedacht genommen werden. Ein Energiekonzept der Gemeinde wäre in diesem Zusammenhang sinnvoll. Die für die Nutzung der Windenergie am besten geeigneten Flächen sollten mithilfe eines Planungsbüros für die Errichtung von Windanlagen, sowie der Zentralanstalt für Meteorologie ermittelt und freigehalten werden. Dabei wäre es sinnvoll, die Erfahrungen des Betreibers Suttner-Gatterburg, aber auch weiterer Betreiber der Region (z.B. Martin Steininger/Prinzendorf) einzubeziehen. Der erforderliche Mindestabstand zu bebautem Siedlungsgebiet muss dabei berücksichtigt werden. Durch die Verpachtung gemeindeeigener Flächen an Betreiber von Windenergieanlagen könnte die Gemeinde jährlich eine Einnahme von etwa 50.000,- ATS pro Anlage erzielen.
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Die Gemeinde kann über die Flächensicherung und -widmung hinaus auch selbst eine Windkraftanlage betreiben. Dazu müsste von der Gemeinde eine Betreibergesellschaft gegründet werden, die den Betrieb der Anlage vornimmt. |
Einige Gemeinden in Niederösterreich wie beispielsweise Scharendorf, Trautmannsdorf, Berg oder Stockerau haben bereits die Initiative zur Nutzung der Windenergie ergriffen. Nationale Förderungen für die Errichtung einer Windkraftanlage sind im Moment zwar nicht vorgesehen, aber die Erfahrung zeigt, dass sich die Errichtung solcher Anlagen an einem günstigen Standort bereits wirtschaftlich rentiert. Angaben der "Energiewerkstatt" zufolge ist mit einem Eigenmittelertrag von etwa 7% zu rechnen. Um die Gemeinde Retz vollständig mit Windstrom zu versorgen, wäre die Errichtung von drei Windkraftanlagen mit einer Leistung von etwa 1800 kW erforderlich. Eine Bündelung der Anlagen in einem Windpark würde die Errichtungskosten minimieren und könnte die Windräder in das Landschaftsbild gut integrieren.
Bürgerbeteiligung ist bei der Errichtung von Windkraftanlagen immer von besonderer Bedeutung, da diese Anlagen das Landschaftsbild maßgeblich prägen. Berichten von Herrn Suttner-Gatterburg zufolge, gab es bei der Errichtung seiner Anlage in Kleinhöflein keine Probleme. Es kam in weiterer Folge zu einer Identifizierung der Anrainer mit dem Windrad.
Das Bewusstsein, dass sich ein Atomkraftwerk auf tschechischer Seite in Grenznähe befindet, dürfte bei der Bevölkerung eine positive Einstellung zur Errichtung von Windkraftanlagen unterstützen. So wird zum Beispiel in Hirschenstein/Oberösterreich versucht einen grenzüberschreitenden Windpark als Gegenpol zum umstrittenen Atomkraftwerk Temelin zu errichten. Auch Retz könnte durch seine Grenzlage ein solches Projekt initiieren und sich dadurch Möglichkeiten für einen Zugriff auf EU-Fördermittel eröffnen.
Das positive Image von Windkraftanlagen kann, wie das Beispiel in Hipples zeigt, mit handfesten Vorteilen für die Bevölkerung verbunden werden. An der dort von Herrn Martin Steininger gegründeten Betreibergesellschaft sind insgesamt 300 Anrainer beteiligt. Die Erträge aus der Anlage kommen daher direkt der Bevölkerung vor Ort zugute.
Touristisch erschlossene Gebiete wie Holland, Dänemark, Norddeutschland aber auch Andalusien belegen, dass die Nutzung von Windenergie den Tourismus nicht beeinträchtigt. Es ist eher zu erwarten, dass die Gäste ein positives Bild vom umweltfreundlichen Bewusstsein in Retz gewinnen. Zu den wichtigsten Kriterien für die Erholung im Urlaub zählt eine intakte Umwelt.
Retz könnte durch das Forcieren der Windkraftnutzung einen innovativen Schritt mit historischem Hintergrund setzen und dazu beitragen sein Image als saubere Kleinstadt mit hoher Wohn- und Erholungsqualität verstärken.