Limerick (IRL) * 2006 * EV+A und Daghdha Dance Company * 4 Wochen

In Limerick, Irland, hat die WochenKlausur „Belltable Open“, ein Programmkino für Migrantinnen verwirklicht, bei dem ausgewählte Filme bei freiem Eintritt kombiniert mit Rahmenprogrammen und Diskussionen angeboten werden.


Historisch betrachtet war Irland lange Zeit ein Emigrationsland. Im 19. Jahrhundert wanderten viele EinwohnerInnen wegen der Hungersnot aus und die irische Population sank von acht auf vier Millionen. Erst mit dem Beitritt zur EU hat sich die wirtschaftliche Lage entscheidend verbessert, und seit 1996 ist Irland sogar Immigrationsland. Das heißt, es gibt mehr Ein- als Auswanderung - mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen, vor allem aber mit Missverständnissen aufgrund von unterschiedlichen kulturellen Erfahrungen und Vorurteilen.

Auch Limerick, mit 80.000 EinwohnerInnen drittgrößte Stadt des Landes, boomt und investiert in die Wirtschaft - deutlicher jedenfalls als in konkrete Integrationsprojekte oder in die Kultur. Limerick hat beispielsweise kein Kino im Stadtzentrum. Die von den großen Verleihfirmen unabhängigen Programmkinos waren nicht rentabel und mussten vor Jahren mangels öffentlicher Finanzierung schließen. Übrig geblieben ist nur das Belltable Arts Centre, das einmal pro Woche neben seinem regulären Ausstellungs- und Theaterprogramm auch Filme abseits des Mainstreams zeigt. Natürlich gibt es am Stadtrand von Limerick wie überall auf der Welt zwei Multiplex-Cinemas für Hollywood Produktionen.

Weil Kino und Film wichtige kulturelle Katalysatoren sind, konzipierte die WochenKlausur im Belltable Arts Centre ein zusätzliches monatliches Filmevent für MigrantInnen mit dem Namen Belltable Open. Jeden Monat sollte von MigrantInnen aus jeweils einem anderen Land ein offener Abend gestaltet werden. Die WochenKlausur nahm weltweit Kontakte zu Verleih- und Produktionsfirmen, zu Festivals und RegisseurInnen auf, um die von den MigrantInnen ausgewählten, preisgekrönten Filme kostenfrei zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der freie Eintritt ermöglichte auch den Einkommensschwächeren, die Filme zu sehen. Der Gruppe ist es darüber hinaus gelungen, Busse zu organisieren, die Interessierte aus den drei Flüchtlingsheimen der Stadt zu den Abendveranstaltungen fahren.

Am 31. Mai 2006 wurde das Belltable Open mit dem polnischen Film Oda do Radosci (Ode to Joy) eröffnet. Der Film beschreibt die Folgen des laufenden Exodus der Jüngeren und der Intellektuellen aus Polen. Weitere Events konnten mit MigrantInnen aus Rumänien, dem Kongo, China, Ungarn, Litauen, Russland, Südafrika und mit dem Gastgeberland selbst programmiert werden. Aus Irland wurde ein Film über eine irische Minderheit, die Traveller Community gezeigt.

Für Diskussionen zur aktuellen politischen und kulturellen Lage haben Kulturvereine des jeweiligen Landes wie die Irish-Polish Society, Doras Luimni oder die Romanian Community nach den Vorführungen Rahmenprogramme zusammengestellt.

Schließlich hat die WochenKlausur das Belltable Open an Declan McLoughlin vom Belltable Art Centre übergeben. Aufgrund des großen medialen Interesses und der regen Teilnahme bei der ersten Veranstaltung hat die Stadt außerdem die Finanzierung einer Koordinatorin zur Fortsetzung der Reihe übernommen.

Mark Carberry, Seraina Dejaco, Claudia Eipeldauer, Christian Gmeiner, Katharina Liebert, Siobhan Ryan, Daniel Vais