Salzburg (A) * 1996 * Salzburger Kunstverein * 8 Wochen

1996 eröffnete die WochenKlausur im Polizeigefangenenhaus Salzburg eine Koordinationsstelle zur sozialen und rechtlichen Betreuung von Schubhaftinsassen. Damit sollten die teilweise unmenschlichen Bedingungen der Schubhaft, die wesentlich härter als jede Strafhaft waren, beseitigt werden, was insbesondere auch durch die Einschaltung des ev. Flüchtlingsdienstes nachhaltig gelang.


Das Polizeianhaltezentrum Salzburg ist eine der größten Schubhaftanstalten Österreichs. Schubhaft (Abschiebehaft) ist, rechtlich gesehen, keine Strafhaft, sondern ein Verwaltungsakt, um den staatlichen Behörden die Abschiebung von Menschen zu gewährleisten, die sich ohne gesetzliche Grundlage im Land aufhalten. Trotzdem sind die Bedingungen in der Schubhaft wesentlich härter als in jeder Strafanstalt. Die Ergebnisse einer Recherche zu Beginn des Projekts, bei der Hilfsorganisationen, Seelsorge, und AnwältInnen, Schubhaftinsassen und ehemalige Wachbeamte befragt wurden, bestätigten alle kursierenden Gerüchte über die unmenschlichen Zustände. Viele Insassen waren weder über ihren Status noch über ihre Rechte informiert. Die Versorgung mit Lebensmitteln war mangelhaft, die Insassen konnten nur einmal wöchentlich duschen und verbrachten bis zu sechs Monate auf engstem Raum, ohne jede Beschäftigung, ohne Radio, ohne Uhr, ohne Lektüre. Es fehlte auch an einfachsten Hygieneartikeln und an einer Möglichkeit zur Kleiderreinigung.
Um die Haftbedingungen zu verbessern, arbeitete die Gruppe an der Durchsetzung einer sozialen Betreuung im Gefangenenhaus, die alle im Bereich Schubhaft engagierten Initiativen koordinieren sollte. Die Polizei war dafür zunächst nicht zu gewinnen. Die WochenKlausur organisierte deshalb kleine Gesprächsrunden mit namhaften VertreterInnen aus Politik, Medien, Wissenschaft, Kirche, dem Polizeiapparat, dem Innenministerium sowie MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen. Ort der Gespräche war ein zu diesem Zweck eigens errichtetes Gartenhaus in der Salzburger Altstadt, das für große Aufregung sorgte. Die Aufstellung dieses Häuschens sollte das Medieninteresse wecken, das für die Zustände im Polizeigefangenenhaus trotz zahlreicher Bemühungen ohne dieses „Ärgernis“ nicht gewonnen werden konnte. Die Strategie erwies sich als erfolgreich. Das aufgestellte Gartenhaus wurde mit einer Anzeige geahndet und erregte öffentliches Interesse. Damit verbunden war natürlich auch ein Interesse am Grund seiner Aufstellung. Die Gespräche zur Verbesserung der Schubhaftbedingungen führten schließlich dazu, dass sich der Polizeidirektor bereit erklärte, eine soziale Betreuung in der Anstalt zuzulassen.

Für den Dauerbetrieb konnte der evangelische Flüchtlingsdienst gewonnen werden. Jedem Flüchtling war seither eine ehrenamtliche Betreuung zugeordnet. So konnte ein Mindestmaß an sozialer, rechtlicher und hygienischer Versorgung gewährleistet werden. Nachdem die Polizeidirektion der WochenKlausur auch die Schaffung von Aufenthaltsräumen in Aussicht stellte, sammelte die Gruppe Spiele, Bücher und Zeitungsabos in unterschiedlichen Sprachen, Fitnessgeräte, Tischfußballtische, Fernseher, Radios und Übergab sie bei Beendigung des Projekts der Koordinationsstelle. Ein Telefon wurde installiert und Telefonwertkarten nach Bedarf von der Betreuungsstelle zu Verfügung gestellt.

Nach 13-jähriger Tätigkeit wurde der Diakonie in Salzburg die Schubhaftbetreuung vom Innenministerium 2009 entzogen.

http://fluechtlingsdienst.diakonie.at/goto/de/was/betreuung-in-der-schubhaft
Eva Dertschei, Sigrid Feldbacher, Dominik Hruza, Pascale Jeannée, Andreas Leikauf, Manuela Mitterhuber, Ulrike Müller, Wolfgang Zinggl